Nach einem Boom des Museumswesens seit der kulturellen Umbruchstimmung in den späten 1960ern und frühen 1970 Jahren 1 bescheinigt ein Bericht der Bundeskulturstiftung der USA aus dem Jahr 2009 den amerikanischen Kulturinstitutionen rückläufige Besucherzahlen in Kollation zum Basisjahr 1982. Dem Bericht zur Folge wird das verbleibende Publikum stetig älter. 2 Damit wird die Frage aufgeworfen, was die Gründe für das Wegbleiben des jungen Publikums sind. Interessiert sich der junge Teil der Bevölkerung nicht mehr für Kultur, Geschichte oder Literatur? Ihnen ein generelles Desinteressen zu unterstellen wäre möglicherweise vermessen. Die Frage müsste doch eher lauten: Welche Rahmenbedingungen müssen für jegliche Arten von Kulturinstitutionen herrschen, damit sie sich wieder größerer Beliebtheit erfreuen können und wieder attraktiver für Besucher und Besucherinnen allen Alters werden?
Partizipative Museen können hierfür die Rahmenbedingungen stellen. Vor diesem Hintergrund fungieren sie als eine Plattform, über die verschiedene Nutzer miteinander agieren können und sie somit verbindet. Dementsprechend stellen sie einen Ort dar, an welchem Besucher diverse Inhalte miteinander erschaffen und teilen können. Erschaffen bedeutet hier, dass Besucher ihre eigenen Ideen sowie kreative Äußerungen einbringen können. Inhalte teilen bezieht sich darauf, dass die Besucher die Exponate und Inhalte, welche sie während des Besuchs sehen, diskutieren können. 3 Das umfassende Informationsangebot kann zudem von den Besuchern und Besucherinnen nach individuellem Interesse selektiert und vertieft werden. Ferner eröffnen neue Soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram und die zunehmende gesellschaftliche Digitalisierung heutigen Museen neue Chancen. Sie können Besucher überhaupt dazu motivieren, ein Museum zu besuchen. Des Weiteren können sie eine Art Bindungsfunktion für Besucher einnehmen und den Austausch von Besuchern über Museeninhalte ermöglichen. 4
Die Sozialen Medien ändern damit nicht die klassischen Aufgaben von Museen, sie schaffen allerdings zusätzlichen Kommunikationsraum für die Besucher. Individuelle Interessen werden durch Soziale Netzwerke gebündelt, um neue Verbindungen und Potenziale zur sozialen Interaktionen zu schaffen. Damit stellen die Museumsbesucher keine passiven Rezipienten, sondern aktive Konsumenten dar. Partizipation zu fördern heißt, Vertrauen in die Fähigkeiten der Besucher zu haben, Inhalte zu gestalten und zu interpretieren und sie Dritten zu Verfügungen zu stellen. 5 Partizipative Museen, auch Science Center genannt, sind dementsprechend durch ihre interaktive Eigenschaft charakterisiert und können sich an die individuellen Interessen und Fähigkeiten der Besucher anpassen. Die Besucher und Besucherinnen benötigen kein Vorwissen, ihnen wird durch diese Art von Museen selbstbestimmtes Lernen ermöglicht und ihnen werden weitere Impulse zum Nachdenken gegeben, auch nach dem Besuch.
Somit kann das Science Center ebenso eine Bildungsfunktion übernehmen, klassische Aufgaben wie Sammeln, Forschen und Bewahren rücken unter Umständen in den Hintergrund. Die durch das Science Center geschafften Rahmenbedingungen stellen diverse Arten der Partizipation dar und ermöglichen fruchtbare Ergebnisse. Eine weitere Frage, die in diesem Zusammenhang aufkommt lautet, wie Menschen dazu bewegt werden können, zusammen partizipativ zu agieren. Obgleich Kulturinstitutionen einen gesellschaftlichen Knotenpunkt darstellen können, brauchen derartige Institutionen engagierte Charaktere, welche sowohl die Interessen untereinander, als auch mit der Institution stärken.
Damit dem Museumsboom der letzten Jahrzehnte, kein Museumssterben folgt, sollte der Zweck der Musealisierung weiter gefasst werden. 6 Die Übernahme von Bildungsfunktionen und Schaffung einer gemeinsamen Interaktionsplattform für verschiedene Interessenten kann ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein. Die Rückbesinnung auf die Grundaufgaben von Kulturinstitutionen könnte bei dem Philosoph Hegel ansetzen 7: Für ihn war in Bezug auf Kunstmuseen der Habitus der Besonnenheit der Schlüssel zur Aneignung von Identitäten und folglich auch von Bildung. Ob Science Center nicht nur ein modernes, sondern auch ein zukunftsträchtiges Austellungskonzept repräsentieren bleibt also abzuwarten.
Update 05.12.2013
[PDF zur Diskussion im Seminar]
1 Imhof, K.: „PLÄDOYER – Die Musealisierung des Aktuellen: eine Kritik“, in: Gesser, S. et al. (Hrsg): „Das Partizpative Museum – Zwischen Teilhabe und User Generated Content“, Bielefeld 2012, S.61-67 ↩
2 NEA Survey of Public Participation in Arts 2009, Zugriff unter: http://arts.gov/sites/default/files/2008-SPPA.pdf ↩
3 Simon, N.: „Das Partizpative Museum“, in: Gesser, S. et al. (Hrsg): „Das Partizpative Museum – Zwischen Teilhabe und User Generated Content“, Bielefeld 2012, S. 95-108, 96 ↩
4 Vogelsang, A.; Minder, B. und Mohr, S.: „Social Media in Museen – Ein Leitfaden zum Einstieg in die Nutzung von Blog, Facebook, Twitter & Co für Museumsarbeit“, Luzern 2011 ↩
5 Simon, N.: „Das Partizpative Museum“, in: Gesser, S. et al. (Hrsg): „Das Partizpative Museum – Zwischen Teilhabe und User Generated Content“, Bielefeld 2012, S. 95-108, 97 ↩
6 Imhof, K.: „PLÄDOYER – Die Musealisierung des Aktuellen: eine Kritik“, in: Gesser, S. et al. (Hrsg): „Das Partizpative Museum – Zwischen Teilhabe und User Generated Content“, Bielefeld 2012, S.61-67, 66 ↩
7 ebd. ↩